Privatschule oder staatliche Schule?
In den meisten Fällen ist die Entscheidung für ein alternatives Schulkonzept mit der Entscheidung für eine Privatschule gleichzusetzen: Der allergrößte Teil der Schulen, die einen alternatives Konzept verfolgen, ist in privater Trägerschaft. Umgekehrt heißt das aber nicht, dass eine Privatschule immer eine Waldorf-, Montessori- oder Jenaplan Schule sein muss: Es gibt durchaus auch Privatschulen, die sich in ihrem pädagogischen Ansatz kaum von den staatlich geführten Schulen unterscheiden.
Privatschule nur für einige wenige?
Privatschule ist nicht gleich Eliteschule. Grundsätzlich werden alle Schulen, die in privater, also nicht-öffentlicher Trägerschaft sind, als Privatschulen bezeichnet. Dazu zählen zum Beispiel auch evangelische und katholische Schulen, die meist nur ein sehr geringes Schulgeld kosten und für alle Schüler ohne Aufnahmebedingungen offen sind.
Wo liegen die Unterschiede zwischen privat und öffentlich?
Private Schulen finanzieren sich zumindest teilweise über Schulgebühren, die die Eltern zahlen müssen. An Waldorfschulen liegt das Schulgeld bei etwa 120 Euro monatlich, an privaten Internaten kann es über 2.000 Euro im Monat betragen. Diese Art der Finanzierung gibt den Schulen mehr Freiheit, ihr Konzept und ihre Lehrkräfte selbst zu bestimmen: So können sie besser auf die Bedürfnisse der Schüler reagieren und eher Neues ausprobieren. Daher haben Kinder, die im konventionellen Schulsystem nicht zurechtkommen, in einer Privatschule oft mehr Erfolg. Mehr zum Thema Privatschule lest ihr hier.
Warum eine alternative Schule?
In den vergangenen fünf bis acht Jahrzehnten hat sich das öffentliche Schulsystem stark verändert: Aus den autoritären Lernanstalten von früher sind Schulen geworden, die sich aktiv mit ihrem pädagogischen Konzept und den Lernbedürfnissen der Schüler auseinander setzen. Dennoch gibt es viele Eltern, die mit dem Regelschulsystem nicht einverstanden sind. Viele bemängeln die „Gleichmacherei“ des öffentlichen Schulsystems, in dem sich die Kinder an bestimmte Leistungserwartungen anpassen müssen und in ihrer persönlichen Entwicklung unterdrückt werden. Andere befürchten große Klassen
und unmotivierte Lehrkräfte, die stur ihren Lehrplan abarbeiten, anstatt auf die Interessen der Kinder einzugehen. Die Entscheidung für eine alternative Schule sollte man dennoch sorgfältig abwägen. Wer sein Kind aus bloßem Protest in einer solchen Schule anmeldet, wird schnell merken, das alternative Schulkonzepte oft nicht nur Ausbildungs-, sondern Lebenskonzepte sind: Von Eltern und Schülern wird viel Engagement im Schulalltag erwartet. Das schließt selbstbestimmtes Lernen ebenso ein wie die Teilnahme an Schulaktivitäten, -projekten und vielschichtigen Abstimmungsprozessen.
Waldorf Schule – die Lehre von der Anthroposophie
Die Entstehung der Waldorf Schule:
Urheber der Waldorfpädagogik ist der Esoteriker Rudolf Steiner. Im Rahmen seiner anthroposophischen Lehre hatte sich Steiner schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts mit Fragen der Erziehung und Schulbildung beschäftigt. 1919 wurde er Schulleiter der Betriebsschule der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart und setzte an dieser Schule erstmals sein später als Waldorf-Pädagogik bekanntes Schulkonzept um. Nachdem während des nationalsozialistischen Regimes alle Reformschulen geschlossen worden waren, entstanden ab den 1970er Jahren vermehrt neue Waldorfschulen in Deutschland. Heute zählt das Waldorfkonzept zu den populärsten reformpädagogischen Ansätzen weltweit.
Pädagogische Grundsätze der Waldorf Schule:
Die Grundlage der Waldorfschule ist der anthroposophische Gedanke. Nach Steiner gliedert sich der Mensch in Geist, Seele und Leib. Im Sinne einer ganzheitlichen Ausbildung müssen alle diese Bereiche gleichwertig gefördert werden. Daher wird neben den klassischen Schulfächern großer Wert auf die Entwicklung künstlerischer und handwerklicher Fähigkeiten gelegt. Das Schuljahr folgt einem festen Rhythmus mit wiederkehrenden Ritualen, häufigen Schulfeiern und Präsentationen selbst gestalteter Lehrmaterialien.
Waldorf Schule in der Praxis:
An der Waldorfschule gibt es keinen konventionellen Lehrplan und keine Benotung. Stattdessen ist es die Aufgabe der Lehrer, die Persönlichkeit und die Lernentwicklung jedes einzelnen Kindes zu beurteilen und es entsprechend zu fördern. Der Schulalltag unterteilt sich in den sogenannten Epochenunterricht, der über mehrere Wochen ein bestimmtes Unterrichtsfach behandelt, und den Fachunterricht, in dem Fremdsprachen, Kunst und Bewegung gelehrt werden. Schulbücher gibt es in der Waldorfschule in der Regel nicht: Die Kinder gestalten im Epochenunterricht ihre eigenen Lehrmaterialien und nutzen diese, um ihren Lernfortschritt zu dokumentieren. Mehr über die Waldorf Schule erfahrt ihr hier.
Die Montessori Schule setzt auf das natürliche Lernbedürfnis
Die Entstehung der Montessori Schule:
Montessori ist kein reines Schulkonzept, sondern ein umfangreiches pädagogisches Konzept, das die Entwicklung vom Kleinkindalter bis ins junge Erwachsenenalter abdeckt. Entwickelt wurde die Montessori-Pädagogik Anfang des 20 Jahrhunderts von der italienischen Ärztin Maria Montessori. Sie stellte bei ihrer Arbeit im Krankenhaus immer wieder fest, dass besonders Kindern aus mittellosem Elternhaus ohne geistige Förderung aufwuchsen. 1907 gründete sie daher in einem Armenviertel von Rom ihr erstes Kinderhaus, mit dem Ziel, allen Kindern Bildung und Entwicklungschancen zu ermöglichen. Schon wenige Jahre später entstanden auch in Deutschland Montessori Kinderhäuser und in der Folge auch Montessori Schulen.
Pädagogische Grundsätze der Montessori Schule:
Die Prinzipien der Montessori-Pädagogik basieren auf der Annahme, dass jeder Mensch eine angeborene Neugier und einen inneren Forscherdrang hat. Je freier und selbstbestimmter ein Kind lernen kann, desto größer ist seine Motivation. Die Kinder lernen jahrgangsübergreifend gemeinsam und in ihrem eigenen Tempo: Die Lehrer bieten Anreize zu verschiedenen Themen, sodass sich die Kinder Inhalte selbst erarbeiten müssen und sich dabei gegenseitig unterstützen.
Montessori Schule in der Praxis:
Montessori Kindergärten und Montessori Schulen arbeiten mit speziellen, ausgewählten Materialien, die Kinder zum Lernen stimulieren sollen. Die Ordnung spielt eine große Rolle im Klassenzimmer, denn sie soll den Kindern innere Ruhe und Ordnung vermitteln. Statt Frontalunterricht bieten die Lehrer Anreize und halten sich ansonsten im Hintergrund, während die Kinder eigenständig in Gruppen arbeiten. Auch die Eltern beteiligen sich aktiv am Schulgeschehen und bringen sich bei Projekten und Schulfeiern mit ein. Mehr über die Montessori-Pädagogik und den Schulalltag an einer Montessori Schule lest ihr hier.
Jenaplan Schule: Lernen aus den Unterschieden
Die Entstehung der Jenaplan Schule:
Entwickelt wurde das Jenaplan-Konzept 1927 vom deutschen Erziehungswissenschaftler Peter Petersen, der einen Lehrstuhl an der Universität Jena innehatte und zugleich Leiter der dortigen Universitätsschule war. Petersen präsentierte sein Konzept des freien, selbstbestimmten Lernens dem Komitee für die Tagung der New Education Fellowship 1927, das den Namen „Jenaplan“ prägte. Ein Teil der Schulen, die nach dem Jenaplan-Konzept geführt werden, nennen sich heute nach dem Begründer des Schulkonzepts Peter-Petersen-Schulen.
Pädagogische Grundsätze der Jenaplan Schule:
Im Mittelpunkt des Jenaplan-Konzepts stehen selbständiges Lernen und Arbeiten sowie das gemeinschaftliche Miteinander an der Schule und die gegenseitige Verantwortung. Petersen lehnte Jahrgangsklassen ab, da sie seiner Meinung nach die Interaktion der Schüler miteinander einschränken. An Jenaplan Schulen lernen die Schüler in jahrgangsübergreifenden Stammgruppen. Statt 45-minütigen Unterrichtseinheiten gibt es einen Wochenarbeitsplan, innerhalb dessen individuell gelehrt und gelernt wird.
Jenaplan Schule in der Praxis:
Deutschlandweit gibt es rund 50 Jenaplan Schulen. Die meisten von ihnen sind Grundschulen, man kann aber auch seinen Schulabschluss an einer Jenaplan Schule machen. Der Schulalltag ist geprägt von Gruppenunterricht und Projektarbeiten. Regelmäßige Schulfeiern sollen die Schulgemeinschaft stärken und Einblick in die Arbeit der anderen geben. Hier erfahrt ihr mehr darüber, was es mit den Jenaplan Schulen auf sich hat.
Sudbury Schule: Jeder lernt, wie er möchte
Die Entstehung der Sudbury Schule:
Alle Sudbury-Schulen folgen mehr oder weniger dem Modell der ursprünglichen Sudbury Valley School, die von einer Gruppe von Pädagogen 1968 im US-Staat Massachusetts gegründet wurde. Vorbild für die Sudbury Valley School war die Reformschule Summerhill, die 1921 als eine der ersten demokratischen Schulen in Großbritannien entstand.
Pädagogische Grundsätze der Sudbury Schule:
Die Sudbury Schule möchte Kindern vollkommen selbstbestimmtes Lernen ermöglichen, frei von Verpflichtungen und Zwängen. An einer Sudbury Schule bestimmen die Kinder von Anfang an selbst, was sie wann und mit wem lernen. Spielen, lesen und gestalterisches Arbeiten ist ebenso möglich wie Projektkurse. Es gibt keinen Lehrplan, keine Klassen und keine festen Unterrichtszeiten. Stattdessen mischen sich die Kinder jahrgangsübergreifend, um sich zu beschäftigen und gemeinsam zu lernen.
Sudbury Schule in der Praxis:
Es gibt keine festen Unterrichtszeiten und in der Regel auch keinen festgelegten Schulbeginn. An den meisten Sudbury Schulen sollten alle Kinder bis zu einer bestimmten Uhrzeit, etwa 10.00 Uhr, in der Schule sein und für mindestens fünf Stunden dort bleiben. Eine wichtige Rolle spielen Schülerversammlungen, in denen Schulregeln, Kurse und andere Angebote demokratisch abgestimmt werden. Die restliche Zeit spielen oder lernen die Kinder selbstbestimmt, zusammen mit Lehrern oder mit anderen Kindern. Es gibt keine Leistungsnachweise oder Klassenarbeiten, daher müssen die Schüler, die einen Schulabschluss machen möchten, die Prüfungen extern in einer anderen Schule absolvieren. Mehr über das Konzept der Sudbury Schule lest ihr hier.