Jedes Kind ist anders in der Interaktion mit seinen Mitmenschen. Eines geht forsch auf unbekannte Kinder zu, ein zweites ist sehr zurückhaltend, das dritte fängt an herumzualbern, um mit anderen „warm“ zu werden. Einige Kinder sind kleine Wüteriche, andere weinen schnell, wieder andere suchen in Konfliktsituationen instinktiv Verbündete. All diese und hunderte andere Eigenschaften machen die individuelle Persönlichkeiten von Kindern aus – und um diese unterschiedlichen Persönlichkeiten zu einem Konsens zu bringen, braucht es soziale Kompetenz. Die eigenen Bedürfnisse und die Bedürfnisse anderer zu erkennen und entsprechend darauf einzugehen, ist ein wichtiger Lernprozess in der Kindesentwicklung und eine entscheidende Fähigkeit für das ganze Leben.
Wie entwickelt sich die soziale Kompetenz bei Kindern?
Was ist soziale Kompetenz überhaupt?
Per Definition: Jeder weiß ungefähr, was gemeint ist, wenn es um die soziale Kompetenz von Kindern oder Erwachsenen geht – aber was bedeutet der genaue Begriff eigentlich? Laut wissenschaftlicher Definition ist soziale Kompetenz „die Fähigkeit, in der sozialen Interaktion die eigenen Ziele zu erreichen und Bedürfnisse zu befriedigen und dabei gleichzeitig die Ziele und Bedürfnisse aller anderen zu berücksichtigen.“
Selbstbehauptung und Rücksichtnahme: Soziale Kompetenz ist in ihrem Kern also die Verbindung zweier scheinbar gegensätzlicher Eigenschaften:
Die Fähigkeit, eigene Interessen zu vertreten, durch klare Forderungen, aber auch durch Ablehnung.
Die Fähigkeit, die Bedürfnisse anderer Menschen bzw. einer Gruppe zu berücksichtigen und mit ihnen zu kooperieren, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
Viele Wissenschaftler sind überzeugt, dass die Grundlage für diese Fähigkeiten in der frühkindlichen Erziehung entsteht.
Soziale Kompetenz von Kindern:
Wie schaffe ich die besten Voraussetzungen?
Sollte man die soziale Kompetenz von Kindern aktiv fördern oder entwickelt sich diese mehr oder weniger von allein durch das soziale Umfeld? Das fragen sich viele Eltern. Denn anders als zum Beispiel die visuelle Wahrnehmung oder der Gleichgewichtssinn eines Kindes ist die soziale Kompetenz nur schwer messbar und von vielen verschiedenen Faktoren abhängig.
Soziale Kompetenz ist uns in die Wiege gelegt – zumindest die Grundlagen dafür. Schon Neugeborene schenken menschlichen Gesichtern intuitiv mehr Aufmerksamkeit als abstrakten Gegenständen. Auch das sogenannte Engelslächeln, das reflexhafte Lächeln, das Neugeborene in den ersten Lebenswochen zeigen, kann als soziale Interaktion verstanden werden. Alle Eltern werden bestätigen, dass ihre Babys schon sehr früh Gesten und Mimik der Eltern nachzuahmen versuchen und ihre Emotionen deutlich zeigen. In seinen Grundzügen ist das Sozialverhalten anscheinend angeboren – das Erlangen von sozialer Kompetenz ist allerdings ein Lernprozess, der bis weit in das Erwachsenenalter hinein andauert. Eine Förderung im eigentlichen Sinne gibt es eher nicht. Vielmehr können Eltern von Anfang an die richtigen Voraussetzungen für eine gesunde soziale Entwicklung ihres Kindes schaffen:
Indem sie viel Zeit mit ihrem Kind verbringen und sich mit ihm beschäftigen
Indem sie selbst ihre Gefühle zeigen bzw. bereit sind, darüber zu sprechen
Indem sie die Gefühle des Kindes – auch Wut, Trotz oder Trauer – zulassen und verstehen
Indem sie ihrem Kind zuhören und ihm helfen, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und in das gesamte Gefühlsspektrum einzuordnen
Indem sie Kontakt zu anderen Kindern und Erwachsenen ermöglichen (z. B. in Spielgruppen, in der Krippe und im Kindergarten), damit das Kind lernt, auch die Mimik, die Gesten und Emotionen anderer Menschen einzuordnen
Kinder müssen erst lernen, Emotionen zu deuten. Das gilt für die eigenen Gefühle ebenso wie für die Gefühle von Mitmenschen. Sie können dies spielerisch üben, indem Sie mit Ihrem Kind Zeitschriften oder Bilderbücher anschauen und ihr Kind fragen, wie sich die abgebildeten Personen wohl gerade fühlen. Eine zweite Möglichkeit, die soziale Kompetenz Ihres Kindes zu fördern, ist noch viel naheliegender – durch den Kontakt mit anderen Kindern. Es ist erwiesen, dass Kinder sehr viel aus der Interaktion mit gleichaltrigen Kindern lernen. Daher sind Krippe und Kindergarten eine gute Grundlage für die Entwicklung der sozialen Kompetenz, die Kinder für ihr gesamtes späteres Leben benötigen.
Checkliste für Eltern – To-Dos für die soziale Kompetenz
Liebe und Aufmerksamkeit: Die bedingungslose Liebe der Eltern gibt Kindern die Sicherheit und das Selbstvertrauen, seine eigene Persönlichkeit zu entwickeln
Ein gutes Vorbild sein: Zuhören, ausreden lassen, sich entschuldigen können –Eltern, die dieses Verhalten vorleben, prägen das Sozialverhalten ihrer Kinder
Konflikte auch mal austragen lassen: So lange es nicht handgreiflich wird, sollten Kinder ihren Streit unter sich regeln können
Kontakt mit anderen Kindern: Durch die Interaktion mit Gleichaltrigen lernen Kinder soziale Kompetenz und knüpfen Freundschaften
Zeit für freies Spiel: Beim Spielen schlüpfen Kinder in fremde Rollen – das schult die Empathiefähigkeit und das Verständnis für Konfliktsituationen
Emotionen zeigen und Emotionen erlauben: Verstellen Sie sich nicht – und geben Sie auch Ihrem Kind die Möglichkeit, seine eigenen Gefühle kennenzulernen und zu verstehen
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Bildnachweise
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